Bayerische Geothermie für die erneuerbaren Energien

BAYERISCHE GEOTHERMIE FÜR DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat das Ziel ausgegeben, bis 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien auf mindestens 35 % und bis 2050 auf mindestens 80 % zu steigern.

Momentan wird regenerative Energie zum größten Teil aus Wasserkraft, Windenergie und Photovoltaik gewonnen.

Eine noch relativ neue Art zur Strom- und Wärmeerzeugung ist Geothermie, die vor allem in Bayern (Bayerisches Molassebecken) großes Potential hat. Dabei wird Thermalwasser aus tiefen Regionen gefördert und als Energieträger eingesetzt.

Der Erdkern hat eine Temperatur von ca. 5000 °C. Die Temperatur nimmt mit abnehmender Distanz zur Erdoberfläche ab, oder anders gesagt: Bohrt man in die Tiefe, steigt die Temperatur. Pro 100 m lässt sich durchschnittlich eine Temperaturerhöhung von 3 °C feststellen; rund 99 % des gesamten Planeten sind heißer als 1000 °C.

Mindestens 50 % der Erdwärme stammen von radioaktiven Zerfallsprozessen. Diese sind im Gegensatz zu denen, die nach der Katastrophe von Fukushima 2011 zum deutschen Atomausstieg geführt haben, natürlich. Die Wärmeenergie wird in Wasserreservoirs (wasserführende Schichten) gespeichert, in denen sich das Wasser als Wärmeträger und Wärmespeicher über tausende Jahre hinweg erwärmt hat.

Unterhalb von München wird die wasserführende Schicht gemäß obiger Schnittansicht von Norden nach Süden durch den Fuß der Alpen in tiefere Regionen abgelenkt. Daraus ergeben sich Wassertemperaturen von bis zu 150 °C im Süden Münchens. Das heiße Wasser kann mit einem Volumenstrom von bis zu 120 l s-1 (Liter pro Sekunde) gefördert werden, muss allerdings aus Tiefen von über 4000 m herausgehoben werden.

An mehreren Stellen südlich von München werden zurzeit ambitionierte Projekte zur Stromproduktion in Betrieb genommen (Sauerlach, Kirchstockach, Dürrnhaar, Unterhaching, ...).

Im Jahresmittel erreichen Geothermiekraftwerke eine Leistung von ca. 5 MW, was verglichen mit einem Wind- oder Solarpark nicht besonders viel ist, allerdings kann hier auch Strom produziert werden, wenn keine Sonne scheint oder Windstille herrscht.

Die Förderung und Nutzung der im Tiefenwasser gespeicherten thermischen Energie sind am Schema einer Geotu erkennen.

Während des Betriebs der Anlage wird das heiße Tiefenwasser durch die Förderbohrung mit einer auf 1200 m abgesenkten Pumpe (mit Antrieb M) in das obertägige Kraftwerk gepumpt und durchläuft Filtrationssysteme (Rückspül-Trommelfilter, Kerzenfilter, Beutelfilter), um später die thermische Energie in einem Wärmetauscher-Netzwerk an das Arbeitsmedium des stromerzeugenden Sekundärkreislaufs und das Fernwärmenetz abzugeben. Nach einer Temperaturspreizung von ca. 90 °C bis 100 °C wird das abgekühlte Tiefenwasser in das in der Tiefe liegende Reservoir über eine Injektionsbohrung re-injiziert (rechts oben im Bild).

Aufgrund des niedrigen Temperaturniveaus werden zwei verschiedene Kreisprozesse zur Stromerzeugung eingesetzt.

Der Organic-Rankine-Cycle (ORC), bei dem das Arbeitsmedium aus einem organischen Fluid besteht, welches so ausgewählt wird, dass dessen physikalische Eigenschaften ideal zu den jeweiligen Enthalpiebedingungen passen.

Der Kalina-Cycle, bei dem ein Zweikomponentengemisch aus Wasser und Ammoniak zum Einsatz kommt und im Gegensatz zum ORC nicht-isotherm verdampft wird.

Prinzipiell liegt der Wirkungsgrad im Kalina-Cycle (KC) höher als bei der Verwendung eines ORC, allerdings sind die technische Betriebsführung und die Durchführung von Wartungsarbeiten beim KC durch potentiell austretende Ammoniakdämpfe schwieriger.

Ein Druckhaltesystem kontrolliert die Drücke in der Förderbohrung, dem obertägigen Kraftwerk und der Injektionsbohrung. Es dient vor allem zur Erzeugung eines künstlichen Überdrucks in der Kraftwerksverrohrung, um eine Entgasung des thermisch aufgeladenen Wassers und die damit verbundene Bildung von Scalings physikalisch zu vermeiden. Diese Art von Scalings (oder Kalkbildung auf den Innenwänden der Rohre und der Turbinenschaufeln) sind eine bitterernst zu nehmende Kalkbildung, durch die Wartungszyklen beschleunigt werden und der Wirkungsgrad erheblich herabgesetzt wird. Die Ursachen sind keineswegs abschließend erforscht und außer der erwähnten künstlichen Druckerhaltung sind bislang keine zentralen und wirksamen Abhilfewege gefunden worden. Ein reines Entfernen der Scalings ist die bisher favorisierte Lösung, die aber nach dem erstmaligen Entfernen und den weiter folgenden Eingriffen zu immer kürzeren Intervallen führen, innerhalb derer die Scalings entfernt werden müssen, was das Abschalten der Stromerzeugung erfordert.

Da dieser künstliche Überdruck (typischerweise 1 bis 3 MPa) von der in der Tiefe liegenden Wasserpumpe überwunden werden muss, handelt es sich bei diesem Anlagenteil um einen kritischen Punkt für den wirtschaftlichen Betrieb einer Geothermieanlage. Bei einem Thermalwasser-Volumenstrom von 100 liter/sec ergibt sich durch den obertägigen Gegendruck ein jährlicher Mehrverbrauch von Energie von 1000 MWh/bar.

Geothermische Stromerzeugung steckt in Deutschland technisch noch in den Kinderschuhen und bisherige Projekte mussten einige Rückschläge hinnehmen. Da weiterhin intensiv geforscht und entwickelt wird, wird geothermische Stromerzeugung in absehbarer Zeit wichtige Erfindungen hervorbringen, die eine Betreuung von Patentanwälten zur Patentierung erfordern. Natürlich wird durch diese neuen Entwicklungen und Patente auch ein wichtiger Beitrag zu den Zielen des BMU geleistet.

von Moritz Herbrich

Stand: 8. September 2014